Meine Tochter kommt nach Kanada
Aus meinem Sabbat Jahr 2013/14
Als meine Tochter sagte: „Papa, wenn Du das Jahr nach Kanada gehst, komme ich Dich besuchen!“ konnte ich es kaum glauben, aber sie machte ihr Versprechen wahr.
Am 4.August landete die Condor in Whitehorse und wie von Zauberhand, stand meine älteste Tochter Merle vor mir! Was für eine Freude. Ab jetzt würden wir beide zwei wunderbare Wochen in der weiten Wildnis von Kanada und Alaska verbringen!
Auf Merles Wunschliste stand ganz oben: Lachse angeln und Bären beobachten. Der beste Ort, an dem beides zusammen möglich ist, ist Haines-Alaska.
Auf nach Alaska
Von Carcross im Yukon fuhren wir durch die Endausläufer der Rocky Mountains über traumhafte Berglandschaften nach Skagway an die Küste von Alaska. Schon auf der Hinfahrt sah Merle ihren zweiten Schwarzbär am Straßenrand.
Skagway ist ein kleines, auf Goldrausch getrimmtes Touristenörtchen. Man fühlt sich, wenn man sich die ganzen Touristen wegdenkt, wie in einem alten Westernfilm. Geht man auf den hölzernen Gehwegen entlang der typischen Westernhäuser denkt man gleich, da kommt Jesse James oder Wyatt Earb um die Ecke.
In den Läden befinden sich allerdings keine Gebrauchsgegenstände mehr, die ein „Bushman“ braucht, sondern sie sind bis an die Decke gefüllt mit Diamantenringen, Elch- und Bärenplüschtieren und ein Dollar T-Shirts. Skagway ist eine einzige große Touristenfalle!
Wenn man das weiß, schaut man mal kurz rein und geht zu wichtigeren Dingen über. Zum Beispiel Lachse, Adler und Wale beobachten. Jetzt im Herbst, wenn die Lachse in die Flussmündungen schwimmen, versammeln sich Buckelwale in kleinen Gruppen und jagen Lachse. Wir haben Bilder gesehen, wie eine Gruppe von Buckelwalen einen Lachsschwarm unter Wasser eingekreist haben und sie mit aufsteigenden Luftblasen zusammentrieben. Kurz bevor die Lachse die Oberfläche erreichten, stießen die grauen Giganten zu. Mit großer Geschwindigkeit kommen sie aus der Tiefe, öffnen ihr riesiges Maul, packen die Lachse und springen dabei mehrere Meter hoch aus dem Wasser. 10 Tonnen können dann plötzlich fliegen. Diesen dramatischen Flugakt konnten wir leider nicht beobachten. In der Ferne sahen wir „nur“ ihren Blas, ihr sprühendes Atemwasser.
Wandernde Lachse
In sämtlichen kleinen Bächen und Flüssen um Skagway wanderten die Lachse. Genaugenommen sind es drei Arten. Sockey, Pink- und der bis zu 1,20m große Kingsalmon. Tausende von Lachsen standen im flachen Wasser zeigten ihre Balztänze und laichten ab. Immer wieder fanden wir tote Lachse am Ufer. Entweder wurden sie gefressen oder starben nach dem Leichen an Erschöpfung. Was für ein gigantisches Schauspiel!
Merle konnte sogar auf einer kleinen Brücke die wandernden Lachse im Vorbeischwimmen berühren.
Von Skagway fuhren wir mit einer Fähre nach Hains/Alaska. Vorbei an schneebedeckten Bergen, bläulichen Gletschern und weiten Fjorden. In Haines war ebenfalls die Lachswanderung voll im Gange.
Am Chilkoot River wurde im Fluss über die ganze Breite ein Gatter, eine Lachs Kontrollstelle errichtet um die wandernden Lachse zu zählen. Nur an einer Stelle konnten die Lachse passieren und wurden dabei von Biologen gezählt. Seit Beginn der Wanderung Anfang Juni wurden bis jetzt in 4 Wochen 43.000 Sockey Lachse gezählt!
Dieser kleine Flussabschnitt nahe Hains ist während der Lachswanderung etwas ganz Besonderes: hier sieht man Adler, Braunbären, ja selbst Robben kommen aus dem Meer den Fluss hochgeschwommen, um hier Lachse zu jagen. Das Spannende ist, dass es selbst für Angler erlaubt ist, hier zu angeln. Und das wollten wir machen!
Es ist ganz schön aufregend am Ufer zu stehen, die Angel in der Hand und mit der Aufmerksamkeit nicht nur beim Angeln zu sein, sondern auch bei den Braunbären. In den drei Tagen sahen wir immer wieder einen einzelnen Bär und eine Bärin mit ihrem Jungen, dem wir zweimal ausweichen mussten. Das lief ungefähr so ab:
Mit Bären zusammen Lachse angeln
Wir standen am Fluss und angelten. Plötzlich ertönte ein Ruf: Bääär!! Wir schauten uns um und sahen 50m entfernt eine Bärin mit einem Jungen, die auf uns zu zukamen. Der helle Wahnsinn. Das Herz schlug uns bis zum Hals. Kurz die Lage checken, die Bärin ist entspannt. Die Zeit reichte, um die Angel einzuholen, das restliche Angelzeug einzupacken und zügig den Rückzug zum Auto anzutreten. Kaum saßen wir im Auto, da zog die Bärin 20m an uns vorbei. Das war schon ziemlich aufregend!
Das Gute ist, dass Mensch und Bär grundsätzlich gut miteinander auskommen.
Die Bären haben kein Interesse an den Menschen, sie wollen sich nur an den Lachsen fettfressen, um gut durch den Winter zu kommen. Ebenso wollen die Menschen keine Konfrontation. Überall wo Bären auftauchen, geht man ihnen ruhig und zügig aus dem Weg. Damit die Bären in Ruhe fischen und sich bewegen können, hat man entlang des Flusses eine Ruhezone eingerichtet. Sobald dort ein Bär gesichtet wird, darf dort kein Auto stehen oder sich ein Mensch aufhalten.
Überall sind Hinweis- und Warnschilder aufgestellt. Grundsätzlich heißt es: halte respektvollen Abstand, füttere keinen Bären, halte Dein Camp sauber, verstaue Deine Fische und Essen bärensicher, leine Deinen Hund an.
Kommt es zu Zusammenstößen mit Menschen, werden aufdringliche Bären eingefangen und an weit entfernten Orten wieder ausgesetzt. Kommen sie wieder und das Problem bleibt bestehen, dann werden sie leider geschossen.
Das ist sehr traurig! Untersuchungen von Unfällen zwischen Bär und Mensch zeigen, dass zu 95% der Mensch die Ursache für den Unfall war: aufdringliche Menschen, die Fotos machen wollten, freilaufende Hunde, angefütterte Bären, frei zugängliches Essen, rumliegende Essensreste auf Camp Plätzen.
Merle und ich hatten eine aufregende und sehr intensive Zeit. Merle fing mitten im Fluss ihren ersten Lachs im Bärenland!
Abends auf dem Campground saßen wir am Lagerfeuer brieten unseren Lachse und erzählten uns spannende und wilde Geschichten über unsere Bärenbegegnungen und zappelnden Lachse.
Ein absoluter Traum, das mit meiner ältesten Tochter Merle erleben zu können!