Jagd mit Pfeil und Bogen
Aus meinem Sabbat Jahr 2013/14 – Neuseeland
Im Herzen bin ich ein Jäger. Mein halbes Leben habe ich gegen die Jäger gekämpft, die selbstherrlich ihre Trophäenjagd betreiben, bedrohte Arten jagen, dubiose Jagdtechniken anwenden und alles als Konkurrenz ansehen was ihnen „ihre Jagdbeute stielt“. Lange hat es gebraucht mich mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Dinge differenzierter zu betrachten.
In Kanada hatte ich das Glück mit einheimischen Jägern, die eine sehr respektvolle Haltung zur Natur haben, auf Jagd zu gehen. In diesem entspannten und wohlwollendem Umfeld konnte ich viel lernen und das hat mich in meiner Einstellung zur Jagd sehr gestärkt.
Einige Natives nennen die Jagd, die heilige Jagd. Sie nehmen Leben, damit sie sich und ihre Familien ernähren können. Sie haben großen Respekt vor dem gejagten Tier, wie auch vor andern Jägern, wie etwa dem Bär, Wolf oder Adler.
Für mich bedeutet das Jagen und Fischen, die archaische Verbundenheit mit der Natur wieder zu spüren. So wie zu Hause im Garten alles wächst und gedeiht, sehe ich auch, wie die Natur im Großen alles für uns bereithält und uns ernährt. Ernte ich einen Kürbis oder fange ich einen Fisch, freue ich mich nicht nur, sondern spüre, wie sie mich ernähren. Wenn ich am Lagerfeuer sitze und meinen selbst gefangenen Fisch oder Huhn brate, wird mir diese uralte Verbindung deutlich bewusst. Achtsames Jagen bedeutet, behutsam und respektvoll mit den Tieren umzugehen, sich rücksichtsvoll in der Natur zu bewegen.
Ein großer Wunsch war es in Kanada eine Zeitlang in den Wäldern mit Pfeil und Bogen zu jagen. Vom Yukon wusste ich, dass es möglich ist, Bogen und Jagdpfeile einzuführen und auf Hühner, Hasen und Enten zu jagen. Was für ein Glück, als ich erfuhr, dass das in Neuseeland ebenso erlaubt ist.
Die Truthähne zeigten sich
Als urplötzlich bei einer Tour auf der Nordinsel ein Truthahn auf der Straße stand, wusste ich, dass meine lang ersehnte Truthahnjagd mit Pfeil und Bogen endlich gekommen ist. Meinen Bogen und Pfeile hatte ich um die halbe Erde geschleppt und nun war es soweit.
Den Farmer, den ich fragte, gab mir freundlicherweise seine Erlaubnis, sein Land zu betreten und Truthähne zu jagen.
Am ersten Tag beobachtete ich die Truthähne und machte meine ersten Schussversuche. Ich war aber zu nervös und schoss mehrmals vorbei. Das Schöne an der Bogenjagt ist, dass es keinen Knall, wie bei einem Gewehr gibt. Die Pfeile fliegen fast lautlos und hören sich mehr nach einem Ast an, der von einem Baum fällt. Auch nach mehreren Schüssen blieben die Hühner einfach stehen und schauten etwas irritiert durch die Gegend. Die Hühner wurden aber dennoch von Schuss zu Schuss wachsamer und schlauer. Schließlich ließen mich eine Gruppe von 15 Hähnen nicht mehr auf eine optimale Schussdistanz heran. Am Ende flogen sie schon auf, wenn sie mich nur sahen. Ja wilde Truthähne können fliegen! Nicht nur ein paar Meter, nein, sie flogen bis ins nächste Tal.
Aber auch ich wurde schlauer und geschickter mit meinem Bogen. Meine optimale Schussdistanz ist 20m. Wenn ich in Übung bin, treffe ich auf diese Entfernung einen Punkt, der so groß ist wie ein Bierdeckel. Als musste ich mich bis auf 20m an die Hähne heranschleichen. In den nächsten Tagen suchte ich mir eine neue Gruppe von Truthähnen, die mich noch nicht kannten. Dann war es so weit. Sie standen auf freiem Feld. Mein Glück war es, dass es in der Nähe einige Senken gab, in denen ich mich ungesehen anschleichen konnte. Mein Pfeil flog und traf einen Hahn. Als ich den toten Hahn in meinen Händen hielt, war ich tief bewegt und beeindruckt wie groß und muskulös diese Tiere sind. Mein Vogel war von Kopf bis Schwanz ca.1, 20m und wog satte 8 kg. Mit einer Räucherzeremonie und einem Dankeslied bedankte ich mich bei dem Hahn und versprach ihm, aus seinen Federn was Schönes zu machen und sein Fleisch bewusst zu essen.
Es war so viel Fleisch, das ich es nicht alleine essen konnte. Die Hälfte des Fleisches brachte ich als Dank dem Farmer. Die andere Hälfte briet ich mir auf einem schönen Camp Platz am Meer. Meine Nachbarn waren Franzosen und wir feierten gemeinsam Weihnachten. Ich steuerte das Fleisch bei und sie einen leckeren Wein. Was für ein Weihnachtsessen. Ich fühlte mich wie im Paradies. Leckeres Futter, nette Leute, traumhafter Strand, viel tolle Geschichten und einen wahnsinnigen Sonnenuntergang!